„DEN GLANZ ABKLOPFEN“


Ilse Hehn

Parolen

In Reih und Glied stehen die Worte

dicht gedrängt gegen das Leben
Sie durchbrechen

heißt alles

 
(Rumänien, 1979)

 *  *  *

Ilse Hehn

VERDAMMTE SCHEIBE ZEIT

 

Knüpf dir die Augen auf

verdammte Scheibe Zeit und

rolle nicht von unsrem

Tisch

hier wird gewürfelt um

Brot und Fisch

hier wird geknebelt geleckt zer

kaut geschwiegen gesprochen

das Wort

die Macht

 
(Rumänien 1980)

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*  *  *

Ilse Hehn

UNVERKÄUFLICH

 

Hätten wir das Wort,
hätten wir die Sprache,
wir brauchten
die Waffen nicht.“
(Ingeborg Bachmann)

 

Unverkäuflich

unbestechbar im Wort

seine Grenzen akzeptieren

Klarheit und Abgrund rund das

Wort doch keine Münze

in uns benennt es Dinge Leben und

Nichtsein im Wort sein das Wort sprechen

wortreich wortgewandt das Wort haben

doch

das Wort ist keine Ware

aber wer glaubt schon daran

 
(Rumänien 1980)

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*  *  *

MORGEN

 

Wichtig:

eine schöne graue Brücke

über einen schönen grauen Fluß

der durch eine schöne graue Stadt fließt

die ich in einem schönen grauen Gedicht

nicht besinge

da ich morgen

einen schönen grauen Strich ziehen werde

rot

 
(Rumänien 1979)

 

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VORWORT:

Inge Meidinger-Geise / Erlangen

DEN GLANZ ABKLOPFEN

Seit der Zerschlagung der sozialistischen Diktatur in Rumänien erfährt die deutschsprachige Literatur mit der nun offenen demonstrativen Repräsentation deutsch-rumänischer Autoren anhaltende Bereicherung. Aktuelle Erfahrungen von Einengung, ja Verfolgung und Widerstand schuf und schafft hier in frisch-mutiger Sprache voll eigenwilliger Metaphern in Prosa und Lyrik imponierende Aussagen. Von Dieter Schlesak bis Herta Müller, von Franz Hodjak bis Richard Wagner beispielsweise kann der Leser nacherleben, nachvollziehen, was in unserer Zeit sich nicht glättete an Diktaturen und mehr. Das Trauma der hier stellvertretend genannten Autoren blieb Realität!

Ilse Hehn studierte Bildende Kunst in Temeswar und wirkte als Gymnasiallehrerin für Kunst und Kunstgeschichte in Mediasch/Siebenbürgen. Seit 1973 veröffentlichte sie in ihrer Heimat in deutscher Sprache Lyrikbände und Kinderbücher. Lyrik-Anthologien in Rumänien, Deutschland, Österreich und Ungarn nahmen ihre sensiblen, vom Zeiterleben und dem seelisch-geistigen Widerstand gezeichneten Texte auf. 1988 erhielt sie den Lyrik-Preis “Adam Müller-Guttenbrunn“ in Temeswar und den Deutschen Kinderbuch-Preis in Bukarest.

Durchhalten und Kontakte „nach draußen“, wie die Zugehörigkeit zur Europäischen Autorenvereinigung „Die Kogge“ in Minden/Westfalen und der Esslinger Künstlergilde bestimmten Leben und Haltung. Die notwendige Übersiedlung 1992 führte Ilse Hehn nach Ulm, wo sie als Kunstpädagogin und Dozentin für Malerei wirkt.

Der neue Lyrikband „Den Glanz abklopfen“ gibt Rechenschaft über drei Jahrzehnte lyrischer Aussage, davon zwei wesentliche Abschnitte aus rumänischem Lebens- und Sichtbereich.

Der 1. Teil, 1973 – 1983, deutet die Auseinandersetzung mit diktiertem, politisch beengtem Wort und der Freiheit im Denken und Reden an. Der 2. Teil, 1983 – 1993, bekräftigt solche Durchbrüche. All dies geschieht ohne plakative Direktheit, eher weiblich verhalten und mit eingängigen Wortbildern: Das Gedicht “Nächtlich“ ist dafür ein Beispiel. Der Reim, das taktierende Melos, auch das Figuren-Gedicht demonstrieren die Formbewegung mit Tradition und Moderne der Lyrik auf natürliche Weise. Die Vielfalt der Aussagetechniken umschließt den Kern von Angst, Wissen um Nötigungen und leise Hoffnung auf Lösungen. Die Liebe ist da eine Kraft, wie das Gedicht auf die Mutter aussagt. Jedoch auch diese Kraft wird zumeist kritisch analysiert. „Angekränkelt“ im Hamlet-Sinne sind Gefühl, Wahrnehmung, Ausblick. Traum und Wirklichkeit stehen da nebeneinander. Auch die Kinderwelt, die Schulerlebnisse werden in die Spannung einbezogen. Ein besonderer Fund: Das elegisch bildereindringliche Naturgedicht „August in Michelsberg“. Hier zeigt sich das Aufgehobensein in unverbrauchter Sicht und Sprache. Der verstorbene Ehemann, der fast erwachsene Sohn leben mit im Rhythmus des Übergangs in das heutige Deutschland, dem der 3. Teil von 1993 – 1998 gewidmet ist.

Man öffnet sich lesend – teilnehmend der schwierigen Ein-Sicht in die kühle Offenheit des deutschen Lebens und der Problematik illusionsloser Anpassung. Ein Motto für das mutige Erkennen gestern und heute: „Den Glanz abklopfen“!

Jeder Satz dieses nachdenklich imperativen Gedichts könnte über dieser ganzen Lyriksammlung stehen. Er charakterisiert auf „Hehn’sche“ Weise die Tendenz der literarischen Zeit-Arbeit, auch der Landsleute der Autorin.

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REZENSIONEN:

Das eigene Erleben als Gradmesser der Wirklichkeitserfahrung im Osten wie im Westen

Von Ingmar Brantsch (DOD)

Ilse Hehns sechster und wohl gewichtigster Lyrikband besticht vor allem durch die Klarheit, mit der sie versucht der Wirklichkeit in dem Totalitarismus Ceausescus und in der globalisierend nivellierenden Konsumwelt des Westens lebens- und vor allem auch liebenswerte Seiten abzutrotzen mit den Mitteln der Dichterin, Sprachverdichtung durch Stilfiguren, aber auch – antithetisch dazu – durch Lakonismen.

Diese Bandbreite füllt sie zudem mit der besonderen Sensibilität der Malerin für Nuancen. Ihren Gedichten fügt sie auch ein halbes Dutzend eigenwillige Collagen, gewissermaßen auch Textcollagen, bei, in denen Einzelwörter in eine ungewöhnliche Farbumgebung sinnintensivierend projektiert werden.

Es ist vor allem ihr unbestechlicher Blick hinter die Kulissen der Vorzeigewelt – sei es der der Losungen oder die der Reklame – die diesen Gedichten einen Wirklichkeitsgehalt gibt, wie ihn nur Poesie sprachverdichtend dem Leser – nicht selten schmerzhaft – ins Bewußtsein bringt.

Aus diesem Grund wird das sicherlich gutgemeinte – wenn auch etwas schulterklopfende – Vorwort von Inge Meidinger-Geise dem Anliegen und vor allem der sprachlichen Gestaltung dieses Anliegens durch die Autorin mit ihrer ganz spezifischen Sprechweise innerhalb der rumäniendeutschen Literatur nicht gerecht.

Ihre Einordnung Ilse Hehn in ein „Ahnengalerie von Dieter Schlesak bis Herta Müller, von Franz Hodjak bis Richard Wagner“ als Autoren von „...was in unsrer Zeit sich nicht glättete an Diktaturen und mehr“, und dies auch noch unter dem Generaltitel „...aktuelle Erfahrung und Einengung, ja Verfolgung und Widerstand“ folgt dem inzwischen abgehalfterten Klischee vom heldischen Dissidententum, das im Totalitarismus so hoch und her gar nicht möglich war, weil eben der Totalitarismus das Heldentum in diesem klassischen Sinne von vornherein abwürgte, sonst hätte er seinen gleichschaltenden Totalitätsanspruch aufgeben müsse, was er aber nicht tat, sondern nur – oft auch auf recht plumpe Weise – zu tarnen suchte.

Schon einfach menschlich zu bleiben, mit seinen Schicksalsgefährten und Leidensgenossen anständig umzugehen, war eine mitunter beachtliche ethische Leistung. Gerade diese Feinheiten des real existierenden Sozialismus und der real werbenden Konkurrenz- und Reklamesprache deckt Ilse Hehn auf und verzichtet aufrichtigerweise auf die inzwischen im Westen schon fast Selbstbeweihräucherung annehmenden Ausmaße vom Märtyrertum ehemaliger im Osten mit Staats- und Parteipreisen Ausgezeichneten. Ihr Gedicht „Das rote Klavier“ zeigt die Unverwüstlichkeit dieses Opportunismus der Wendelhälse:

„Auf dem Wasser schwimmt ein Klavier,/ drauf sitzt, passt auf, ein hohes Tier./ Das sitzt darauf und redet, schwitzt, /springt auf und setzt sich, sitzt / auf glänzend poliertem Furnier. /Es geht nie unter, das rote Klavier.“

Die pseudoprogressive Masche kommt an. Momentan im Westen wie vormals im Osten. Funktionierende Funktionärsliteratur mit rotem Anstrich egal ob im Ost oder West. Im Gedicht „Oft vergesse ich“, entlarvt Ilse Hehn nicht das Land des Lächelns der Operette, sondern das Europa des keep smiling Ost wie West. Doch selbst bei dieser Alltagsmaskerade bleibt Hoffnung dem Horror des Alltags zu entrinnen, etwa in der Romantik der Nacht wie das Gedicht „Tagsüber“ antithetisch aufzeigt.

Im Gedicht „Wenn nachts“ wird diese Antithese noch schmerzlich konkreter, denn wenn im Dunkeln alles furchteinflößend knarrt und raunt, ist das Licht der angeknipsten Leselampe auch nichts anderes als angsteinflößend. Eine schöne persönliche Erfahrungsbeschreibung ähnlich dem Schwarzen Humor des größten rumänischen Erzählers Ion Creanga, der seinen Helden tröstet „schwer war es für dich bisher, doch von nun an wird es auch schwer für mich sein“. Im Gedicht „Morgen“ wird sie unter dem grauen Alltag „einen schönen grauen Strich ziehen / rot.“ Eine überraschend befreiende Schlußstrichmentalität zum Aktiven hin. Im Gedicht „Meine Hände“ führt die Aufzählung dessen, was sie alles ihren Händen zuschreibt nicht zu einem erlösenden Crescendo in der Form einer Rettung sondern im Gegenteil zu einer geballten Abrechnungsbilanz: „Meine Hände vertagen nicht“. Dieser Band heißt ja auch nicht umsonst den Glanz abklopfen und nicht darauf pinseln.

Doch auch im Horror des Ostalltags „Was allgemein bekannt ist“ lässt sie sich nicht unterkriegen, unterläuft mit ihrer Phantasie schlitzohrig die Inspektion des Direktors in ihrer übergroßen Klasse von 38 Schülern. Statt sich zu fürchten, überkommt sie die Lust „wenigstens vor mich hin zu summen / ein Kind anzulächeln / lila Bäume zu malen grüne Sonnen / mal ein Gedicht darüber zu schreiben“.

Dagegen bricht sie in „Don Quichotte“ eine Lanze für die Liebe, die zeitlose diesmal. Eine schöne Verlebendigung einer – auf Neudeutsch – uralten „Beziehungskiste“. Statt der Tretmühle, der hektisch getretenen – die zeitlose Windmühle. Ilse Hehn weiß um das Geheimnis der Liebe in der Freiheit wie ihr Gedicht „Schwimmen“ die erfahrene Liebe, die reife Liebe, die Raum lässt zur Selbstverwirklichung beschreibt.

Ilse Hehn kam 1992 nach Deutschland und musste ganz von vorne beginnen. Sie schlüpfte nicht in eine Nische der Ostblocknostalgie oder gar des selbsternannten Dissidenten-heldentums. Schon 1984 verwitwet, hat sie sich als allein erziehende Mutter durchs Leben schlagen müssen und ein Gespür entwickelt für den zweiten Blick, den Blick hinter die Kulissen. Ihren zweiten Blick hat sie sich auch im Westen bewahrt, und wie auch ihr letztes Gedicht aus diesem Band „Trotzdem“ zeigt, ist er differenziert geblieben.

Ihr Bild von Deutschland fängt realistisch in einem hochentwickelten Industrieland auch dessen Nüchternheit, ja sogar Kaltschnäuzigkeit und Hektik ein. In der Anonymität der Großstadt trägt man sein Herz nicht auf der Zunge, wirkt komisch, falls man es unbekümmert tut, und den Freundeskreis zu finden, wo man sich getrauen kann dies zu tun, braucht Zeit.

Diese Zeit ist meist die der Jugend, die des Studiums, die beim Bund, oder die in diversen Ausbildungen verbrachte. Alle diese Zeiten haben späte Aussiedler nicht in ihrer neuen Heimat. Zudem herrscht am Arbeitsplatz meist Konkurrenz und ein Vertrauensverhältnis entwickelt sich nur allmählich. Doch auch hier resigniert Ilse Hehn nicht. Sie ist angekommen im Deutschland von heute, in dem sie wieder als Kunsterzieherin wirkt, und das sie auch gefühlsmäßig bestrebt ist sich nahe zu bringen, da es naturgemäß ihren Vorstellungen aus der Ferne nicht entsprechen konnte, dafür wurde aber ihre Begegnung mit dem tatsächlichen Deutschland von heute auf ihre eigene Art zum unverwechselbaren lyrischen Bericht.

 

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Anneliese Merkel

Unterwegs im Wort

Die aus dem Banat stammende und seit 1992 in Ulm lebende Schriftstellerin und Kunstpädagogin Ilse Hehn legt mit „Den Glanz abklopfen“ Gedichte aus drei Jahrzehnten vor. Die Gliederung in drei Teile geht von der Erfahrung des gefährdeten und gefährlichen Umgangs mit Sprache und der Diktatur aus (1973-1983). Im zweiten Teil (1983-1993) wird dem Leser die nicht zu unterdrückende Kreativität des künstlerischen Ausdrucks vor Augen geführt. Diese mündet schließlich im dritten Teil (1993-1998) in die Auseinandersetzung mit dem heutigen Deutschland und ihre Auswirkung auf Sprache und Dichtung der Autorin.

Die Übergänge zwischen den einzelnen Teilen sind fließend, denn immer ist es das Wort, das, zunächst achtsam geortet und hymnisch besungen, die willkürlich gezogenen Grenzen überschreitet. Ilse Hehn bedient sich der Sprache nicht, um in ihr zu verweilen, sondern um sie zu durchbrechen: „sie durchbrechen / heißt alles“ in „Parolen“. Dieser Durchbruch verhilft ihr und dem Wort zu einer Öffnung in anderen Dimensionen, vornehmlich in die der Kunst. Schon rein optisch wird der Leser darauf verwiesen, denn die ebenfalls von der Autorin stammenden Collagen in diesem Band sind so aufeinander bezogen, dass Bild und Text eine Symbiose eingehen, in der die wechselseitigen Aussagen beider Kunstgattungen einander bedingen und darüber hinaus dieses Buch zu einem ästhetischen Genuss für Auge und Hand werden lassen.

„Den Glanz abzuklopfen“ beginnt Ilse Hehn bereits unter der Diktatur. In „Wir haben versucht“ heißt es mit feiner Ironie: „heute ja heute da wünschen wir uns / kein rotes Osterei“. Das graue Gesicht ihrer Stadt versucht sie gar nicht erst in ein graues Gedicht zu bannen, da der Ausblick auf morgen keinen anderen Schluss zulässt, als „unter alles einen schönen grauen Strich zu ziehen, rot“ (in: Morgen). Mit „Lass uns sein“ kündigt sich schon der innere Aufbruch an, jene Leichtigkeit der Feder (der Schreibenden), die die Leichtigkeit des Vogels im Flug übersteigt.

Im zweiten Teil künden sich erste Risse an im Fußboden (im System), die beunruhigen und die auch nicht durch die Wärme des darübergelegten Teppichs beseitigt werden können. Von nun an „wird gewürfelt um Brot und Fisch“ (in: “Knüpf dir die Augen auf“). Es geht um Wort und Macht. Die Macht des Wortes tritt an gegen das Machtwort. Bevor dieser Kampf entschieden ist, stimmt die Autorin noch einmal ihren lyrischen Gesang an und lässt Landschaftsbilder von eindrücklicher Schönheit in einer Kargheit entstehen, für die sie nur weniger Skizzen bedarf, um sie in Seelenlandschaften zu verwandeln. So in „Rumänischer Winter; Umzäunt; Banater Dorf mittags; Täglich“. Ein kleiner Schritt nur ist es, persönliche Verlusterfahrungen mit dem Naturerlebnis zu verknüpfen und es gleichzeitig zu überhöhen, denn „wir sind entlaubt / in einer Liebe / die unvermessen blieb“ (in: Entlaubt). Und wieder ist es das Wort, das treffende, rettende, das sie begleitende, wenn sie spricht „von den Reusen im Wort / dem abgemähten Himmel“ (Rost).

Je weiter sich die Autorin an die Ränder des Wortes wagt, um so kühner, experimenteller wird ihre Sprache. Konkretes öffnet sich dem Visionären, denn „es gibt noch andere Wirklichkeiten“. Eine davon ist die bildende Kunst, der die Autorin sich mit den Mitteln der Sprache nähert. Von Betrachtungen zu Max Ernst, Salvador Dalì, Renè Margritte und Marc Chagall geht sie aus und befindet sich alsbald „auf der Suche nach der dritten Dimension“, eine Suche all derer, die nirgends verwurzelt sind (Verwurzelt nirgends). Eine Triebfeder bei dieser Suche ist die Sehnsucht, denn noch sind die Erlebnisse patriotischen Arbeitsdienstes gegenwärtig (Schülerballade). Das Lied, „das niemand kennt“ (Auf der Brücke), ist gefangen, aber es träumt sich frei und „an den Rippen des Tages / frisst das Licht“ (August in Michelsberg).

Im dritten Teil „Den Glanz abklopfen“, spricht die Autorin den Tag an. Das Licht hat sich Bahn gebrochen, doch der Glanz, der sich unter ihm entfaltet, ist fragwürdig. „Im Hinterhalt jeden Zweifel / wach halten“, mahnt Ilse Hehn in „Nicht zu vergessen“. Dieser Hinterhalt wird indes für sie zum Hintergrund, auf dem sie ihr gesamtes Repertoire künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten entfalten kann. Mit treffsicheren Metaphern und kühnen Bildern lässt sie frische Farben aufleuchten, die die Möglichkeiten einer neuen Sehensweise eröffnen. Vom lakonischen Aphorismus (Schnee) bis hin zu expressionistischen Traumsequenzen, die das Konkrete einschließen wie die Muschel die Perle, zeigt sie die Bandbreite lyrischer Möglichkeiten auf. Im Gedicht „Am Strand“ heißt es: „wie dein Kuss in die Hand springt / ein Fisch mir mitten ins Herz am Strand der / Müll unserer Zeit“.

Das Resümee ihrer Erfahrungen gipfelt in der Aussage des Gedichts „Jetztzeit“. Es „gilt das was sich / am steilen Grat / zusammengedrängt als kostbare / Jetztzeit Wir packen die / Sehnsucht in Zeitungspapier zersägen die Sätze / in Worte Zäune für morgen Hektisch / sprichst du von Liebe“.

Ilse Hehns Gedichte sprechen vom Unterwegssein im Wort mit dem Wort. Sie haben es verdient, beim Leser anzukommen und von ihm angenommen zu werden.


© Copyright 2007 by Ilse Hehn